Zeitwertkonten

Vorbemerkung
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wurde die männliche Sprachform bei der Formulierung des Beitrages gewählt. Ich versichere, dass ich alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und andere Personen diskriminierungsfrei und gleichberechtigt behandeln werde.
Bis zum regulären Rentenalter durcharbeiten? Oder doch schon früher im Job ein wenig kürzer treten? Rente mit Abschlägen und früher in Rente gehen? Fragen, die sich viele tausende Beschäftigte Tag täglich stellen. Aber auch viele Chefs von Unternehmen und Verwaltungen müssen sich damit befassen, ob und wie viele Arbeitnehmer sich angesichts der steigenden Arbeitsgrenze künftig bis zum regulären Rentenalter oder darüber hinaus noch arbeiten können oder benötigt werden. So wird es nicht nur wichtig sein, das die Auswirkungen eines steigenden Rentenalters in den Griff zu bekommen, sondern auch das Niveau der Mitarbeiterqualifikation und den innerbetrieblichen Wissenstransfer unter den veränderten demographischen Rahmenbedingungen zu sichern. Zeitwertkonten können einen wichtigen Beitrag leisten.

Vor mittlerweile mehr als 15 Jahren wurde das „Flexi-Gesetz“ verabschiedet, welches die sozialversicherungsrechtlichen Grundlagen für Zeitwertkonten geschaffen hat.

Mit der Verabschiedung des Flexi I – Gesetz am 6. April 1998, lies sich unter dem Begriff Zeitwertkonten eine große Bandbreite von flexiblen Arbeitszeiten gestalten. Eine gesetzliche Definition für die am Markt gängigen Begrifflichkeiten Zeitwertkonten, Langzeitkonten oder Lebensarbeitszeitkonten gab es nicht.

Am 1. Januar 2009 trat das Flexi II – Gesetz in Kraft. Das Gesetz änderte bzw. erweiterte den bestehenden Rahmen zu Zeitwertkonten im Vierten Sozialgesetzbuch (SGB IV). Eine Detaillierung des Wertguthabenbegriffes erfolgte in § 7b SGB IV. Gleichzeitig wurde eine Abgrenzung zu „anderen Zeitkonten vorgenommen.

Was sind Zeitwertkonten nach § 7b SGB IV?

Unter Zeitwertkonten versteht der Gesetzgeber:

• das eine schriftliche Vereinbarung (Wertguthabenvereinbarung) vorliegt
• Anlassbezogene befristete Freistellungen von mindestens einem Monat
• Zeitwertkonten für Sabbaticals
• Lebensarbeitszeitkonten zur ruhestandsnahen Freistellung und
• Gesetzliche Freistellungsansprüche:
 Pflegezeiten nach dem Pflegezeitgesetz
 Elternzeit nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz
 Teilzeit nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz

Wie funktioniert ein Zeitwertkonto?

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sammeln auf Ihren Zeitwertkonten Gehaltsbestandteile und / oder bewertete Gehaltsbestandteile steuer- und sozialversicherungsfrei an, um diese für die Finanzierung einer Freistellungsphase zu verwenden.

Ein Zeitwertkonto umfasst folgende Phasen:

Einbringungs- / Ansparphase

Geldeinbringungen
• Gehaltsteile
• Boni
• Urlaubsgeld
• Weihnachtsgeld
Zeiteinbringungen*
• Mehrarbeit
• Gleitzeitkonten
• Urlaubstage, die über den garantierten gesetzlichen Mindesturlaub von vier Wochen hinausgehen

*Mit dem Flexi II – Gesetz hat der Gesetzgeber definiert, dass Zeitwertkonten in Geld (Entgeltkonten) zu führen sind, d.h. das Zeiteinbringungen wie Urlaubstage, Mehrarbeit usw. zunächst in Geldeinheiten umgerechnet werden müssen. Die in Geld geführten Einbringungen sind steuer- und sozialversicherungsfrei. Diese in Geldeinheiten geführten Zeitwertkonten müssen (siehe § 7e SGB IV) insolvenzgeschützt werden und fließen im Falle einer Insolvenz nicht in die Insolvenzmasse.

Freistellungsphase / Verwendung – Versteuerung & Verbeitragung in der Auszahlphase
• Freistellungen
• Ruhestandsnahe Freistellung
• Auszeit/“Sabbatical
• Verringerung der vertraglichen Arbeitszeit
Hilfsweise Übertragung
• auf Folgearbeitgeber
• auf Deutsche Rentenversicherung Bund
• bzw. Auszahlung an die Beschäftigte oder den Beschäftigten nach Abzug der Sozialversicherungsbeiträge und Steuern (sog. Störfall)
In der Auszahlphase unterliegt das Wertguthaben der Versteuerung & Verbeitragung.

Welche rechtlichen Rahmenbedingungen gelten für Zeitwertkonten?

Zeitwertkonten unterliegen einer Reihe von Rahmenbedingungen aus unterschiedlichen Rechtsgebieten. Das Sozialversicherungsrecht (SGB IV §§ 7ff, 23 b… sowie das Rundschreiben der Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger vom 31.03.2009) kann dabei als „rechtliche Wiege“ des Zeitwertkontos angesehen werden. Mit dem Flexi I Gesetz wurde die Möglichkeit begründet, auch während der Freistellung von der Arbeitsleistung ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis gegen Arbeitsentgelt fortbestehen zu lassen. Das Steuer- (EStG §§6, 6a, 11… und das BMF Schreiben vom 17.06.2009) und Arbeitsrecht (kollektivrechtliche Vereinbarungen, Betriebsvereinbarungen, der Tarifvertrag oder aber einzelvertragliche Vereinbarungen) spielen insbesondere bei der Einführung von Zeitwertkonten eine wesentliche Rolle. Tarifvertragliche Regelungen zu Zeitwertkonten gewinnen zusätzlich an Bedeutung. Diese Regeln grundsätzlich den Gestaltungsspielraum, in dem die unternehmensindividuelle Ausgestaltung der Zeitwertkontenregelungen erfolgen kann. Die unternehmensindividuelle Ausgestaltung eines Zeitwertkontenmodells muss unter Beachtung der rechtlichen Rahmenbedingungen erfolgen. Die Arbeitnehmervertreter (Betriebsräte) sollen rechtzeitig eingebunden werden.